R. Fuess: Einfaches petrografisches Mikroskop


Mikroskop R. Fuess Berlin-Steglitz No. 511 Mikroskop R. Fuess Berlin-Steglitz No. 511 Mikroskop R. Fuess Berlin-Steglitz No. 511 Mikroskop R. Fuess Berlin-Steglitz No. 511

Einfaches Mikroskop für petrografische Untersuchungen; Stativ V von R. Fuess Berlin aus 1895. Das gut erhaltene Mikroskop besteht aus zaponiertem, geschwärztem und vernickeltem Messing bzw. lackiertem Eisen und gebläutem Stahl.

Die Beleuchtung erfolgt über dreifach gelagerten Hohl- und Planspiegel; der Polarisator mit aufschraubbarer Kondensorlinse und Irisblende kann über Zahn und Trieb gehoben und gesenkt werden. Der Tubusanalysator kann seitlich ausgeschaltet werden, das Einbringen einer Bertrandlinse ist bei diesem Modell nicht möglich. Die Fokusierung erfolgt über Zahn und Trieb.Mikroskop R. Fuess Berlin-Steglitz No. 511: Signatur

Zwei seitlich angebrachte Rändelschrauben ermöglichen das Herausnehmen des Tubusendes sowie durch das Spiel ihrer Führungen die Feinjustierung der Orientierung des Okulars durch minimales Verdrehen des Tubus.

Bereits deutlich vor 1890 werden alle Mikroskope von Fuess mit schwarz lackierten Tuben ausgeliefert, nur das hier gezeigte Exemplar ist in Klarlackierung ausgeführt. Auf diese Weise wird die sehr dekorative Signatur des Tubus noch mehr hervorgehoben:

R.Fuess
Berlin-Steglitz
No 511.

Eine plausible Erklärungsmöglichkeit für diese ungewöhnliche Ausführung wäre die Präsentation dieses Geräts bei einer Ausstellung.

Mikroskop R. Fuess Berlin-Steglitz No. 511: Justierung der ObjektiveDie Objektivfassung kann über zwei Rändelschrauben auf die Drehachse des Tisches zentriert werden.

Dieser Stativtyp wird 1895 eingeführt und als Stativ IV mit der Bertrandlinse sowie dem Aufsatzanalysator in Ergänzungen zu den Preis-Verzeichnissen 1891 u. 1894 über krystallographische und petrographische Instrumente (R. Fuess Stgelitz bei Berlin, 1895) erstmals abgebildet:

Abbildung (Fig. 7) zeigt die neue Form der im Catalog 1891, Seite 34 u. 35 aufgeführten Mikroskope, Modell IV und V.
P. Groth, Phys. Kryst. 3. Aufl. S. ...Fig. 681

Bei dem hier gezeigten Instrument handelt es sich um das Stativ V, welches ab 1885 angeboten und als direktes Vorgängermodell 1891 wie folgt geführt wird (R. Fuess: Krystallographische und Physikalische Instrumente. R. Fuess Berlin SW. 1891):

45 Mikroskop No. IV (Fig. 36) (R. Fuess, a. a. O. S. Fig. 13.)
Festes Stativ. Verschiebung des Tubus nur durch ein feinzähniges Trieb mit grossen Griffknöpfen, welches auch noch zur Fein-Einstellung des Objectivs No. 7 vollständig ausreichend ist. Tische, Bremshebel zur Feststellung des Tisches, Polarisator, Aus- bezw. Einschaltung der Vorrichtung für convergentes und paralleles Lichts, Tubus mit Analysatoren, Bertrandscher Linse und Objectivklammer genau gleich den betreffenden Theilen des vorherigen Mikroskops. (Es können demnach alle unter No. III genannten Nebenapparate, Beleuchtungsapparate, Special-Oculare und auch der Kreuzschlittentisch des Modells II diesem Mikroskop angefügt werden).

Stativ IV von R. Fuess Berlin aus 1895. Abb. aus: P. Groth: Physikalische Krystallographie; Engelmann, Leipzig 1895: Fig. 681Die Biot-Klein'sche Quarzplatte, Gyps Roth I Ord., 1/4 Und. Glimmer. Werkzeuge für die Justierung der Nicols und Fadenkreuze, für das Auseinandernehmen und Zusammensetzen der Vorrichtung für convergentes und paralleles Licht sind dem Stativ beigegeben.
Preis ohne Objective und Oculare...Mark 245

Mikroskop R. Fuess Berlin-Steglitz No. 511: BeleuchtungsapparatFür die optische Ausrüstung ist zu empfehlen: Die Objective No. 7 (M. 36), 4 (M. 26), 0 (M. 14), die Oculare 2 und 3 (M. 18), das Mikrometerocular No. 4 (M. 18), ferner ein Calderon'sches oder Bertrand'sches Ocular (M. 35), Quarzkeil mit den drei ersten Farbenordnungen (M. 16)...Mark 163
...Mark 408

46 Mikroskop No. V. Auf besonderen Wunsch namhafter Gelehrten, welche einer grösseren Zahl einfacher Instrumente für ihr Practicum bedurften, ist unter der vorstehenden Nummer eine noch mehr vereinfachte Ausgabe des Modells IV entstanden. Das Instrument unterscheidet sich von No. IV dadurch, dass der Aufsatznicol, das Hülfsobjectiv (Bertrand'sche Linse) nebst Auszugsrohr und das Stauroskopocular fortfallen. Im Uebrigen ist die mechanische und optische Ausrüstung jener des Mikroskops IV ganz gleich.
Preis des vollständigen Instruments...Mark 325

Ohne jedes Zubehör und nur mit einem Objektiv Nr. 0 und einem Okular ausgestattet kostet dieses Instrument 185,- Mark.

Bis zum Ersten Weltkrieg wird dieses Stativ weitgehend unverändert angeboten.

Heinrich Ludwig Rudolf Fuess (1838 - 1917) wird in Moringen geboren. Er geht 1853-57 beim Mechanicus Hermann Pfaff in Göttingen in die Lehre. In dieser Zeit besucht er an der dortigen Universität Vorlesungen zur Mathematik und hört Physik bei Wilhelm Eduard Weber (1804 - 1891) sowie Optik bei Johann Benedict Listing (1808 - 1882). Als Geselle arbeitet Fuess bei Hugo Schröder (1834-1902) in Hamburg und später beim Nivellierhersteller R. Löhmann in Berlin.

Rudolf Fuess, Abb. von einer Reproduktion des Originalfotos - mit freundlicher Unterstützung von Hans Weil, BerlinAm 01.04.1865 gründet Rudolf Fuess seine Firma mit Räumlichkeiten in der Mauerstraße 84 in Berlin-Mitte. Bereits in der Preisliste von 1865 werden drei verschiedene Mikroskopstative, drei Objektive und zwei Okulare (Vergrößerungen von 60- bis 300-fach linear) angeboten. Das junge Unternehmen zieht 1870 nach Kreuzberg in die Wasserthorstraße 46. Hier wird nach Angaben von Paul Groth (1843-1927) der erste "krystallographisch-optische Universalapparat" gebaut, dieser junge Mineraloge hatte an der Universität Berlin 1868 promoviert und sich dort 1870 habilitiert. Anfangs werden in der Fuess'schen Werkstatt in der Wasserthorstraße Gesteinsdünnschliffe von eingesandten Proben angefertigt. In Zusammenarbeit mit dem 1868 an die Berliner Universität berufenen Justus Roth (1818-1892) werden kurz darauf erste systematische Dünnschliffsammlungen angeboten. Die Firma wächst weiter und zieht bereits 1873 in die Alte-Jakobstraße 108. Im Jahre 1875 wird die Firma J.G. Greiner & Geißler von R. Fuess übernommen.

Ab Anfang der 1870er bezieht das Unternehmen die Optiken der Mikroskope von Eduard Hartnack. In der Fachwelt der Zeit wird dies positiv hervorgehoben, da sich Fuess so einzig auf die durchdachte mechanische Ausführung der Mikroskope konzentrieren kann. Die rasch wachsende Firma übersiedelt 1892 nach Berlin-Steglitz und wird für die aus der Firma hervorgehenden Polarisationsmikroskope weithin gelobt; erst 1927 werden Mikroskope für biomedizinische Zwecke in das Fertigungsprogramm aufgenommen.

Erst ab Ende der 1870er werden die Mikroskope der Firma durchgehend signiert und nummeriert. Im Jahre 1898 wird das Mikroskop mit der Seriennummer 700 verkauft. Bis 1920 werden insgesamt nur 4000 Polarisationsmikroskope von Fuess gebaut.

[Vergleiche Referenz 2, 29, 37, 39, 47, 58, 87, 88, 92, 93, 94, 136]



11.03.2010 by Timo Mappes

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