Sehr frühes Mikroskop von Moritz Meyerstein Göttingen


Mikroskop von Moritz Meyerstein Göttingen, No. 13 Mikroskop von Moritz Meyerstein Göttingen, No. 13 Mikroskop von Moritz Meyerstein Göttingen, No. 13 Mikroskop von Moritz Meyerstein Göttingen, No. 13

Mikroskop von Moritz Meyerstein Göttingen, No. 13

Sehr frühes Mikoskop von Meyerstein um 1845. Das Mikroskop ist gefertigt aus zaponiertem und geschwärztem bzw. schwarz lackiertem Messing. Das Instrument verfügt über einen Auszugstubus. Die grobe Einstellung wird durch Verschieben mit freier Hand erzielt, die feine durch eine Rändelschraube, welche die Tischplatte anhebt. Die Beleuchtung erfolgt über einen drehbaren Hohlspiegel.

Mikroskop von Moritz Meyerstein Göttingen, No. 13: SignaturMikroskop von Moritz Meyerstein Göttingen, No. 13: SignaturAuf dem oberen Tubusstück ist das Instrument sehr dekorativ signiert:

M. Meyerstein.
Göttingen.

auf der gegenüberliegenden Seite des Tubus befindet sich die Seriennummer in gleicher Schrift:

13.

Die optische Ausrüstung des Mikroskop besteht aus einem Okular und einem Objektiv. Die Unterseite des runden Fußes ist mit Leder bezogen. Zur Verwahrung des Mikroskops wird dieser Fuß abgeschraubt und das Instrument liegend in einer mit grüner Seide gepolsterten Mahagonischatulle aufbewahrt. In dieser Schatulle sind keine Aussparungen für weitere Optiken vorhanden, es ist daher davon auszugehen, dass dieses Instrument bis auf die Auflichtlupe in der Originalausstattung erhalten ist.

Bei diesem Mikroskop handelt sich um eine Ausführung des durch Georg Oberhäuser weit verbreiteten kleinen Trommelmikroskops. Während Oberhäuser bereits in den 1830ern seine Instrumente mit dunkeln und matten Oberflächen der Objekttische anbietet und so störende Reflexionen beim Mikroskopieren vermeidet, liefern Simon Plössl und Friedrich Wilhelm Schiek noch bis 1840 ihre Instrumente mit klar lackierten Tischoberflächen aus. Auch die Tischoberfläche des hier gezeigten Instruments ist klar lackiert, was eine Datierung um 1840 nahe legt.

Mikroskop von Moritz Meyerstein Göttingen, No. 13: OkularMikroskop von Moritz Meyerstein Göttingen, No. 13: ObjektivIm Verzeichnis astronomischer und physikalischer Instrumente von M. Meyerstein, Universitäts-Instrumenten- und Maschinen-Inspector in Göttingen (Buchdruckerei H.C. Seemann, Göttingen 1845: 9) erscheint dieses Mikroskop als Nr. 21 der Liste wie folgt:

d) Optik.

[…]

No. 21 Mikroskop aus 3 achromatischen Linsen zusammengesetzt die stärkste Vergrösserung ist 200fach…20 Thlr.
No. 22 Mikroskop ebenfalls aus 3 achromatischen Linsen zusammengesetzt. Zu diesem Mikroskop gehören 3 Oculare, wovon das eine ein Mikrometer enthält, eine Beleuchtungslinse für undurchsichtige Gegenstände. Die stärkste Vergrösserung ist 300-, die schwächste 30fach…34 Thlr.
No. 23 Microscope coudé, mit den selben Zuthaten wie beim vorhergehenden…37 Thlr.
No. 24 Mikroskop grösserer Art, mit Dreifusse zum Zusammenlegen…60 Thlr.
No. 25 Mikroskop wie das vorhergehende , mit einem Mikrometertische…80 Thlr.
No. 26 Mikroskop mit Ambos nach Oberhäuser, mit einem Linsensysteme…60 Thlr.
No. 27 Mikroskop mit beweglichem Faden-Mikrometer..15 Thlr.
a) ein Linsensystem zum Mikroskop, aus 3 achromatischen Linsen zusammengesetzt...8 Thlr.
b) Ein stärkeres..14 Thlr.
c) Ein Ocular..3 Thlr.
d) Ein Mikrometer, das Millimeter in 10 Theile..3 Thlr.
e) Ein desgl., das Millimeter in 50 Theile.. 5 Thlr.
f) Ein desgl. Das Millimeter in 100 Theile..7 Thlr.
g) Eine Beleuchtungslinse..3 Thlr.

Die Verbindung der Werkstätte zum führenden Hersteller astronomischer Instrumente jener Zeit ist ebenfalls in dieser Preisliste vermerkt:

Alle achromatischen Objective zu den Fernröhren beziehe ich aus dem optischen Institute von Utzschneider und Fraunhofer in München.

Mikroskop von Moritz Meyerstein Göttingen, No. 13: DetailMoritz Meyerstein. Abb. aus: Klaus Hentschel: Gaußens unsichtbare Hand: Der Universitäts-Mechanicus und Maschinen-Inspector Moritz Meyerstein. Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, mathematisch-physikalische Klasse, Dritte Folge, Band 52; Vandenhoeck & Ruprecht; Göttingen 2005: 163Moritz Meyerstein (1808-1882) lernt von Ostern 1822 bis 1825 beim Göttinger Mechaniker Johann Philip Rumpf (1791-1833), welcher seinerseits einige Semester Mathematik, Geodäsie, Physik und Chemie an der Universität Heidelberg gehört hatte und für Georg Friedrich von Reichenbach in München tätig gewesen war und nun in Göttingen vor allem für Carl Friedrich Gauß (1777-1855) und Wilhelm Eduard Weber (1804-1891) Instrumente baut. Im Anschluss daran arbeitet Meyerstein, sicher auf Anraten seines Lehrmeisters, selbst bei Reichenbachs Nachfolger Traugott Leberecht Ertel in München. An der dortigen Universität besucht Meyerstein Vorlesungen höherer Mathematik und Physik und zieht schließlich nach Stockholm. Hier erfährt er 1833 vom plötzlichen Tod seines Lehrmeisters an Scharlachfieber und kann schließlich dessen Werkstatt übernehmen. Ab 1834 baut Meyerstein für Gauß erste Instrumente für magnetische Messungen sowie bald darauf geodätische und astronomische Apparate. 1841 wird Meyerstein zum Universitäts- und Maschinen-Inspector ernannt, 1863 erhält er für seine Verdienste die Ehrendoktorwürde der Philosophischen Fakultät der Georgia Augusta Universität zu Göttingen.

Im Unternehmen Meyersteins arbeitet ab 1855 Rudolf Winkel, der sich 1857 mit einer eigenen Werkstätte in Göttingen selbständig macht.

In der Literatur der Zeit findet sich in der auf Juni 1844 datierten Dissertation des Göttinger Botanikers Bojung Scato Georg Lantzius-Beninga (De evolutione sporidiorum in capsulis muscorum. Ernst August Huth, Göttingen 1844) ein Verweis auf die Verwendung eines Mikroskops von Moritz Meyerstein für diese wissenschaftliche Arbeit. Im Vorwort der Schrift heißt es:

Mikroskop von Moritz Meyerstein Göttingen, No. 13 im Kasten liegendIn observationibus microscopio upus sum in officina Meyersteinii, Gottingae habitantis, fabricato, quod admodum esse idoneum comparatis microscopiis a Schieckio et Oberhaeuserio confectis, satis erat comprobatum.

Harting (Pieter Harting: Das Mikroskop. Vieweg und Sohn, Braunschweig 1866: III,194) zitiert dieses Urteil inhaltlich und schreibt:

Ferner werden von Bohung Scato Georg (Diss. De evolutione sporidiorum in capsulis muscorum. Gotting. 1844) die Mikroskope von Meyerstein in Göttingen gerühmt; sie sollen eine Vergleichung mit den Schiek'schen und Oberhäuser'schen aushalten.

Es sind in öffentlichen und privaten Sammlungen einige Instrumente aus dem umfangreichen Fertigungsprogramm der Werkstatt Meyersteins als erhalten dokumentiert (Klaus Hentschel: Gaußens unsichtbare Hand: Der Universitäts-Mechanicus und Maschinen-Inspector Moritz Meyerstein. Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, Mathematisch-Physikalische Klasse Dritte Folge, Band 52, 2005), jedoch kennt man bisher nur ein weiteres Mikroskop von Moritz Meyerstein in der Sammlung des Science Museum, London: Mikrometer-Mikroskop (Inv.-Nr. A38773).

Dieses Mikroskop kann im Dezember 2009 von privat für die Sammlung erworben werden - leider ist über die Vorgeschichte des Instruments nichts in Erfahrung zu bringen.



06.03.2010 by Timo Mappes

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