kleines Mikroskop von G. & S. Merz in München


kleines Mikroskop von G. & S. Merz in München, No. 997 kleines Mikroskop von G. & S. Merz in München, No. 997 kleines Mikroskop von G. & S. Merz in München, No. 997 kleines Mikroskop von G. & S. Merz in München, No. 997

kleines Mikroskop von G. & S. Merz in München, No. 997

Kleines Merz Mikroskop um 1870. Das Instrument ist komplett aus zaponiertem, sowie schwarz und braun gebeiztem Messing, gebläutem und schwarz lackiertem Stahl und schwarz lackiertem Holz gefertigt.

Zur Beleuchtung dient ein kleiner Konkavspiegel, der dreifach gelagert ist und damit für schiefe Beleuchtung aus der Achse bewegt werden kann. Unter dem Tisch ist zur Regulierung eine Lochblendenrevolverscheibe mit 5 Aperturöffnungen angebracht. Objektklemmen sind für den Tisch des Mikroskops nicht vorgesehen.

Die Grobeinstellung erfolgt über eine Schiebehülse, der Feinfokus wird mit Hilfe eines Rändelrads hinten unter der dreieckigen Säule bedient.

Der Fuß dieses Mikroskops ist aus schwarz lackiertem Hartholz gefertigt, welches auf der Unterseite flächig mit Spaltleder bezogen ist. Das Instrument fällt entsprechend leicht aus. kleines Mikroskop von G. & S. Merz in München, No. 997: BlendungDas Instrument ist ausgestattet mit einem unbezeichneten Objektiv sowie dem Okular 11/2.

Der Einrichtung des Kastens nach zu urteilen, wird dieses Instrument nur mit dem einen montierten Objektiv und einem Okular ausgeliefert.

kleines Mikroskop von G. & S. Merz in München, No. 997: SignaturDie bei den größeren Stativen der Firma übliche kleine Bohrung am Tubus für das Entweichen der Luft aus dem solchen beim Einsetzen des Okulars fehlt hier, da das Mikroskop nur zur Verwendung mit einem Okular vorgesehen ist und dieses selbst zum Transport nicht aus dem Tubus entnommen wird. Damit entfällt jede Notwendigkeit der typischen Bohrung.

Auf dem Tubus befindet sich die dekorative Signatur:

G. & S. Merz
in München

No. 997

Das Mikroskop und der zugehörige Kasten tragen die alte Inventurnummer INV 558 aus einem Institut der Universität Freiburg. Im Erlenholzkasten wird das Mikroskop liegend aufbewahrt. Dieser Kasten zeigt den für die kleineren Mikroskope von Merz typischen Schieber zum Verschluß des Behältnisses. Ein Schloß ist bei diesem Exemplar in das Holz des Kastens eingearbeitet.

Es ist nur noch ein Stativ gleicher Bauart bekannt, dieses wird heute im Museum of the History of Science in Oxford, bewahrt. Möglicherweise handelt es sich bei diesem Gerät um das kleinste Instrument der berühmten Firma, welches speziell für Universitätskurse angeboten wird.
kleines Mikroskop von G. & S. Merz in München, No. 997: Objektiv kleines Mikroskop von G. & S. Merz in München, No. 997: Okular Noch in Sigmund Merz: Verzeichniss der Microscope welche in dem optischen Institute von Sigmund Merz unter der Firma  G. & S. Merz., vorm. Utzschneider & Fraunhofer in München für nachstehende Preise geliefert werden.(München, 8. Februar 1878) wird ein Stativ gelistet, welches dem hier gezeigten in der optischen und mechanischen Ausführung gleicht:

A. Complete Microscope.

[...]

Microscop Nr. 6a mit Stativ Nr. 3, einfacheres Modell, Objectiv 1/6" reducirter Öffnung, Ocular 11/2, Vergrösserung 180. Preis 50 Mark

Dieses Mikroskop kann im März 2009 aus dem Nachlass eines Feinmechanikers der Universität Freiburg erworben werden.

Der am 26. Januar 1793 in Bichl bei Benediktbeuren geborene Georg Merz besucht zunächst die Schule im benachbarten Stift und hilft seinem Vater, einem Leinweber, auf dem Felde in der Landwirtschaft. Als Utzschneider in Benediktbeuren eine Fabrik zur Herstellung von Flint- und Crownglas für sein optisches Institut errichtet, tritt Merz dort 1808 als Arbeiter ein. Angeregt von einem der Padres des mittlerweile säkularisierten Klosters studiert Merz in seiner freien Zeit mit großem Eifer Mathematik und Optik. Fraunhofer erkennt die außerordentliche Begabung des jungen Arbeiters und ernennt ihn zum Werkführer.
Mit dem Tode Fraunhofers übernimmt Merz 1826 die Geschäftsleitung und wird zum Direktor der optischen Abteilung. Zusammen mit dem Mechaniker Franz Joseph Mahler wird er 1830 Teilhaber und 1839 Eigentümer des Instituts. Nach dem Tode Mahlers 1845 führt Georg Merz das Institut weiter unter Mitarbeit seiner Söhne Sigmund (1824 - 1908) und Ludwig (1817 - 1858). Das Institut wird nach München verlegt und die Signatur lautete "G. Merz & Söhne in München".

Hermann Schacht beschreibt 1855 in Das Mikroskop und seine Anwendung, insbesondere für Pflanzen-Anatomie (Verlag von G.W.F. Müller, Berlin 1855: 6), dass Merz & Söhne zusammen mit den meisten deutschen Optikern das Hufeisenstativ nach Oberhäuser angenommen haben.

Ludwig Merz stirbt 1858 mit 41 Jahren an Bleivergiftung, die er sich bei der Flintglasherstellung in Benediktbeuren zuzieht. Danach firmiert das Institut mit: "G. & S. Merz in München".

kleines Mikroskop von G. & S. Merz in München, No. 997 im Kasten kleines Mikroskop von G. & S. Merz in München, No. 997: Kasten mit Intenturnummer
Georg Merz, Bleistiftzeichnung von Eugen Napoleon Neureuther, Original ebenfalls in dieser Sammlung1865 erreichen Mikroskope von Merz zusammen mit Instrumenten von Hartnack ein in jener Zeit unübertroffenes Auflösungsvermögen. Georg Merz stirbt am 12. Januar 1867.

Nun ist Sigmund alleiniger Inhaber des Institutes. Im Jahr 1871 hat das Unternehmen 63 Beschäftigte und signiert "G. & S. Merz (vormals Utzschneider & Fraunhofer) in München". 1883 übergibt Sigmund Merz die Münchner Werkstätte an seinen langjährigen Gehilfen und Vetter Jakob Merz (1833 - 1906), dieser verkauft die traditionsreiche Firma am 5. Oktober 1903 an Paul Zschokke (1853 - 1932).  

Da es unter Fraunhofers Federführung in Bediktbeuren und München gelungen ist, achromatische Linsenkombinationen zu erstellen, erlangt das Unternehmen rasch Weltrang. Das Wissen bleibt in der Firma und unter Merz führt sie noch bis Mitte des 19. Jahrhunderts im Bau großer Refraktoren für die Sternwarten Europas. Mikroskope sind, wie schon unter Joseph von Fraunhofers Leitung, von eher untergeordneter Bedeutung und daher recht selten. Das optische Glas wird stets nur für den Bedarf der Werkstätte in der eigenen Glashütte geschmolzen und nicht als Rohstoff an andere Firmen verkauft.

[Vergleiche Referenz 1, 2, 9, 12, 13, 14, 15, 17, 25, 56, 64, 73, 88 sowie: Museum of the History of Science, Oxford: "Compound Microscope by G. & S. Merz, Munich, c. 1870", primary inscription: "G. & S. Merz, München N 1110", Inventory No. 40089 (Clay Collection C. 319 (226)) - offenbar ist hier nur noch das Okular erhalten, das Objektiv fehlt]



12.04.2009 by Timo Mappes

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