Trommelmikroskop, A. Krüss Hamburg


Mikroskop A. Krüss Hamburg, No. 191 Mikroskop A. Krüss Hamburg, No. 191 Mikroskop A. Krüss Hamburg, No. 191 Mikroskop A. Krüss Hamburg, No. 191

Mikroskop A. Krüss Hamburg, No. 191 mit Kasten

Trommelmikroskop von Krüss; um 1858. Hohes Trommelstativ aus zaponiertem und geschwärztem Messing sowie gebläutem Stahl. Das Instrument verfügt über einen Tubus fester Länge, zur Beleuchtung dient ein schwenkbarer Konkavspiegel, abgeblendet wird durch eine Lochblendenrevolverscheibe die von der Rückseite des Stativs aus bedient wird. Die grobe Einstellung erfolgt über den Schiebetubus, der Feinfokus wird durch eine in einer Federhülse geführte Rändelschraube seitlich am Tisch ermöglicht, welche dessen Platte auf der optischen Achse hebt und senkt.

Mikroskop A. Krüss Hamburg, No. 191, SignaturAuf dem Tubus ist das Mikroskop sehr dekorativ in deutscher Schreibschrift signiert:

No 191.
A.Krüss.
Hamburg.

Das Instrument ist mit drei Okularen und zwei dreifachen Satzobjektiven Nr. 3 und Nr. 6 ausgestattet. Die einzelnen Linsen der Objektive sind in breiten Ringen gefasst und dort mit kleinen Schlagzahlen nummeriert. Aufbewahrt werden die Objektive in einem kleinen samtgefütterten Kästchen aus poliertem Mahagoniholz. An weiterem Zubehör verfügt das Mikroskop über eine sogenannte "feuchte Kammer", eine zaponierte Messingpinzette und eine Präpariernadel, eine zweite solche Nadel und das Skalpell des Präpariersets sind nicht mehr erhalten.

Mikroskop A. Krüss Hamburg, No. 191, PräparateMikroskop A. Krüss Hamburg, No. 191, Objektive in Kästchen Liegend wird das Mikroskop in einer Mahagonischatulle im Stil französischer Instrumente der 1860er untergebracht.

Dieses Mikroskop wird nach Aussage des Verkäufers während des Zweiten Weltkriegs von einem US-amerikanischen Soldaten im eroberten Deutschland "mitgenommen". Im Fabruar 2006 kann das Instrument aus dem Tal des Hudson, New York, für diese Sammlung erworben werden.

Pieter Harting schreibt über dieses kleine Mikroskopstativ im Jahre 1866:

Derselbe [Krüss] verfertigt Mikroskope in der Form der kleinen Microscopes coudés von Oberhäuser und von Schiek, und zwar um den beispiellos niedrigen Preis von 20 Thaler. Nach Wagner [Rud. Wagner in: Nachrichten v. d. G. A. Universität u. d. Königl. Ges. der Wiss. zu Göttingen. 1857, Nr. 19, S. 253] sind sie für den ersten Unterricht und für die gewöhnlichsten histologischen Untersuchungen ganz empfehlenswerth, da sie eine 300malige sehr klare Vergrösserung geben, die bei sehr vielen Untersuchungen ganz ausreicht. Auch die mechanische Einrichtung ist ganz gut. Nach einem Preiscourante von Jahre 1862 liefert er auch etwas grössere Instrumente mit 2 Objectiven und 2 Ocularen um 36 Thaler.

In einer Werbung der Firma Krüss aus dem Jahre 1868 heißt es:

Werbung der Fa. Krüss; Abb. aus: A. Krüss Optisch-Mechanische Werkstätten: A. Krüss Hamburg 1796 - 1844 - 1966; Geschichte eines Hamburger Famlilien-Unternehmens; Hamburg 1966 Mikroskope.

Veranlaßt durch den stets mehr sich herausstellenden Bedarf guter Mikroskope in den verschiedensten Mikroskop A. Krüss Hamburg, No. 191, in KastenZweigen der Wissenschaft und Industrie habe ich eine bedeutende Modifikation meiner Preise ermöglicht, weshalb ich mir erlaube, namentlich auf die vier unten verzeichneten, am meisten verlangten, Sorten hierdurch aufmerksam zu machen. Meine Mikroskope zeichnen sich bekanntlich durch Helligkeit und Schärfe aus und können, dem Urtheile der ersten Sachkenner zufolge, mit den besten in diesem Fach würdig rivalisiren.
Achromatische Mikroskope (Modell Oberhäuser) mit 300maliger Vergrößerung
1 Okular- und ein Linsensatz...20 Thlr.
Dasselbe mit Polarisationsapparat...26 -
Achromatische Mikroskope (Modell Oberhäuser) bis 520maliger Vergrößerung mit 2 Okular- und 2 Linsensätzen...34 -
Dasselbe mit Polarisationsapparat...36 -

Die Preise sind preuß. Kurant gegen baare Zahlung [9923]

A. Krüß
Optiker und Mechaniker
Adolphsbrücke Nr. 7 in Hamburg

Die Firma A. Krüss Hamburg dürfte wohl eine der ältesten noch in Familienbesitz befindlichen optisch-mechanischen Werkstätten Deutschlands sein.

Andres Krüss; Referenz 61Edmund Gabory wird in Straßburg (Elsaß) geboren und geht als Schüler beziehungsweise Mitarbeiter von Ramsden (seinerseits ein Schüler Dollonds) nach London. Bereits in London-Holborn macht sich Gabory 1790 selbständig, übersiedelt aber mit seiner Familie 1796 nach Hamburg um dort eine Werkstätte als Opticus und Mechanicus zu eröffnen. An der Neuenburg Nr. 14 werden optische, mechanische und frühe elektrische Instrumente hergestellt und verkauft - der Giebel des Hauses dient dabei als privates Observatorium. In seiner Freizeit hält der Firmeninhaber öffentlich wissenschaftliche Vorträge zur Optik und Elektrizität.

Während der Besetzung Hamburgs durch Napoleon 1811 darf Gabory sein Geschäft zwar weiter betreiben, alle englischen Waren werden jedoch verbrannt und die besten Fernrohre von den Besatzern für eigene Zwecke beschlagnahmt.

Ende 1813 erliegt Edmund Gabory den Spätfolgen einer Verletzung, die er sich während seiner Arbeiten zugezogen hat. Seine Kinder Edmund Nicolas und Mary Ann führen daraufhin das optische Geschäft weiter.

Mary Ann heiratet 1823 Andres Krüss, welcher die Werkstätte nun mit seinem Schwager gemeinsam weiterführt.

Edmund Krüss; Referenz 61Andres Krüss wird 1791 auf Helgoland geboren und ist 1806 bei einem der Hamburger Kaufleute beschäftigt, die während der Kontinentalsperre ihre Geschäfte von der kleinen Hochseeinsel aus betreiben. Als Blockadebrecher ist er schon in diesem jungen Alter erfolgreich und zieht schließlich 1814 nach Hamburg. Hier wird er 1823 Bürger. Während nach dem Tod seines Schwiegervaters die Selbstanfertigung von Instrumenten zunehmend zurückgegangen ist, lebt diese mit Andres Krüss wieder auf. Es werden alle von Seefahrern benutzten Instrumente sowie zugehörige Karten verkauft. Das umfangreiche optische Lager bringt einen florierenden Handel nach Skandinavien und auch Übersee mit sich. Edmund Krüss, der älteste Sohn von Andres Krüss wird von seinem Vater im Frühjahr 1841 im Alter von 17 Jahren nach Stuttgart zum Hofoptiker und Mechaniker Geiger in die Lehre geschickt. Im Anschluss daran besucht Edmund Krüss das Stuttgarter Technikum.

Während des großen Brandes in Hamburg 1842 wird auch das Haus Neue Burg 4 ein Raub der Flammen. Ausser etwas Bargeld und etwa 20% der Waren kann Andres Krüss nur wenig vor dem Feuer retten. In der Kleinen Reichenstraße wird das Geschäft neu eröffnet; nach dem Heranwachsen der beiden Söhne der Teilhaber trennen sich die Geschäftspartner jedoch 1844 und Andres Krüss eröffnet das Optische Institut A. Krüss am 11.11.1844 am Alten Wall. Das Aufblühen seiner jungen Firma erlebt Andres Krüss leider nur bis er im Revolutionsjahr 1848 einer Cholera-Epidemie zum Opfer fällt. Seine Witwe führt das Geschäft nun weiter, übergibt es schließlich 1851 an ihre Söhne Edmund und William.

Edmund Krüss; Referenz 61Edmund Krüss kauft im selben Jahr das Haus Adolphsbrücke 7 und fertigt dort verschiedenste mechanische Erzeugnisse. 1859 schließlich wird eine Linsenschleiferei eingerichtet, in der anfangs insbesondere photographische Objektive nach Berechnungen von Prof. Josef Petzval hergestellt werden. Projektionsapparte werden sehr erfolgreich mit in das Programm aufgenommen, 1865 läßt sich A. Krüss die Laterna Magica patentieren.

Während einfache Mikroskope schon ein paar Jahre produziert werden, wird Mitte der 1860er ein besonders Trichinen-Mikroskop konstruiert. Der Firmeninhaber Edmund Krüss selbst beschäftigt sich auch selbst viel mit der Untersuchung trichinenhaltigen Fleisches und sich hieraus ergebende Vorschriften werden in der Hamburger Tageszeitung veröffentlicht.

Schließlich werden neben Lokomotivmodellen auch kleine Dampfboote um 1860 mit ins Fertigungsprogramm genommen.

Hugo Krüss; Referenz 61William Krüss tritt 1874 aus dem Geschäft aus, Dr. Hugo Krüss wird daraufhin 1876 von seinem Vater Edmund Krüss mit in die Firma aufgenommen. Hugo Krüss war nach einer technisch-mathematischen Ausbildung bei Dennert & Pape Hamburg in die Lehre der optisch-astronomischen Werkstatt C.A. Steinheil Söhne München gegangen - hier schloß sich der Besuch des Polytechnikums und später der Universität München an.

Als 1886 Alfred Gabory, der Schwager von Edmund Krüss, sein optisches Geschäft aufgibt, übernimmt die Firma Krüss dessen Lager. So werden die 1844 getrennten Werkstätten wieder vereint. 1888 schließlich wird der passionierte Naturforscher Hugo Krüss Chef der Firma seines Vaters, durch ihn konzentriert sich das Unternehmen nun auch auf die Fertigung von photometrischen und spektroskopischen Apparaten. Sein Sohn, Dr. Paul Krüss tritt nach seiner Assistentenzeit an der Universität Jena 1904 in das Geschäft ein. Paul Krüss heiratet 1906 die Tochter von Dr. Max Pauly, dem Leiter und Mitbegründer der Astro-Abteilung von Carl Zeiss Jena. Im Jahre 1920 übernimmt jener Paul Krüss die Hamburger Firma und beteiligt 1946 seinen Sohn Andres Krüss. Mikroskope verschwinden nach dem II. Weltkrieg aus dem Programm, werden aber Ende des 20. Jahrhunderts wieder angeboten. Seit 1980 führt in siebter Generation Martina Krüss-Leibrock das Familienunternehmen. 2005 tritt ihre Tochter Karin Leibrock als achte Generation in die Geschäftsleitung ein.

[Pathologisch-anatomischen Bundesmuseum Wien: "Zusammengesetztes Mikroskop, Trommelmikroskop um 1863 / Signatur: A. Krüss, Hamburg, No. 199", Museal-Nr. 25.949 und "Zusammengesetztes Mikroskop, Trommelmikroskop um 1865 / Signatur: A. Krüss, Hamburg, No. 247", Museal-Nr. 32.047]

(Referenz 61, 95 -  sowie Webpage der Firma A.Krüss Optronic GmbH. Abbildung der Anzeige von Krüss aus dem Jahre 1861 mit freundlicher Unterstützung von Jürgen Mollenhauer, Köln)



16.03.2006 by Timo Mappes

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