Fr. Wappenhans in Berlin: Großes Mikroskop


Großes Hufeisen Mikroskop von Fr. Wappenhans in Berlin Nr. 88 Großes Hufeisen Mikroskop von Fr. Wappenhans in Berlin Nr. 88 Großes Hufeisen Mikroskop von Fr. Wappenhans in Berlin Nr. 88 Großes Hufeisen Mikroskop von Fr. Wappenhans in Berlin Nr. 88

Großes Mikroskop von Friedrich Wappenhans; Hufeisenstativ um 1855. Das Mikroskop ist gefertigt aus zaponiertem und geschwärztem Messing, blankem und gebläutem Stahl. Die Beleuchtung erfolgt über einen vierfach gelagerten großen Hohl- und Planspiegel und eine einfache Kondensorlinse in Zylinder und Schwalbenschwanz. Die grobe Einstellung wird über einen Schiebetubus ermöglicht, der Feinfokus durch eine Rändelrad unter dem Tisch bedient. Das schwere Mikroskop ist um seine optische Achse drehbar ausgeführt.
In der mechanischen Ausführung ist dieses Mikroskop sehr nah am Großen Hufeisenmikroskop von Oberhaeuser bzw. Hartnack angelehnt.

An optischer Ausstattung verfügt das Instrument nur noch über ein Okular und ein 1/3" Objektiv von G. & S. Merz in München, die ursprünglichen Optiken sind offenbar verloren gegangen.

Als besonderer Nebenapparat ist ein auf die Tischplatte aufschraubbarer und fein zentrierbarer graduierter Drehtisch vorhanden. Sehr dekorativ sind die Pfeile zur Bewegung des darin integrierten verdeckten Kreuztisches ausgeführt.

Die Signatur des Instrumentes befindet sich auf dem Steg des Tubusträgers. Hier liest man in dekorativer Schrift:
Mikroskop Fr. Wappenhans Berlin No. 88 SignaturFr. Wappenhans
in Berlin
No 88.

Interessant ist in diesem Zusammenhang zu erwähnen, dass das Wappenhans-Mikroskop Seriennummer 87 ebenfalls in dieser Sammlung verwahrt wird.

Im Jahre 1838 erscheint in Berlin erstmals Friedrich Wappenhans als Mechnikus, wohnhaft in der Taubenstrasse 46. Ab 1840 wohnt Wappenhans in der Mauerstrasse 33, dem Nachbarhaus des bekannten Berliner Mechanikers Carl Pistor. Während Wappenhans sich in jenem Jahr als Instrumentenmacher bezeichnet, führt er ab 1841 die Berufsbezeichnung Mechanikus und Optikus. Bereits 1844 ist er wieder unter neuer Adresse zu finden: Kronenstrasse 14 bzw. 17. Ab 1854 ist Wappenhans' Werkstatt in der Besselstrasse 18 angesiedelt. Doch auch hier bleibt das Unternehmen nicht lange, bereits ab 1862 wird Friedrich Wappenhans in der Niederwallstrasse 9 geführt und schließlich von 1871 bis 1882 in der Feilnerstrasse 12.  

Mikroskop Fr. Wappenhans Berlin No. 88 um die optische Achse gedrehtBereits 1853 findet sich folgende Beschreibung der Mikroskope von F. Wappenhans (Anzeiger. Bonplandia - Zeitschrift für angewandte Botanik I (10) 1. Mai 1853: 96):

Empfehlung von Mikroskopen.

Herr F. Wappenhans in Berlin (Besselstrasse Nr. 18) verfertigt seit einigen Jahren Mikroskope, welche den Instrumenten eines Plössl und Schiek in keiner Weise nachstehen. Der Unterzeichnete hat Gelegenheit gehabt, mehrfache dessfallsige Vergleiche anzustellen und ist durch die Schärfe und Klarheit der Bilder selbst bei stärkeren Vergrösserungen überrascht worden; die Schuppen von Lycaena argus zeigten schon bei 250maliger Vergrösserung (Ocular Nr. 0) die Querstreifen aufs Allerdeutlichste, desgleichen die concentrischen Schichten in den Steinzellen der Samentesta von Pinus Pinea an einem Schnitte durch das Putamen, welche ebenfalls nur mit besseren Instrumenten wahrgenommen werden können. Der Preis der Instrumente, welche in verschiedenen Grössen, sämmtlich mit feststehenden Tischchen, von 60 Thlr. an mit feiner Einstellung angefertigt werden, beträgt 40, 50, 60, 76, 150 u. 180 Thaler Pr. Cour. Ein Instrument zu 76 Thlr., welches ich zu Vergleichen gegenwärtig das Vergnügen habe, zeigt mit den Linsen 4X5X6 und dem Ocular Nr. 3 eine eintausendmalige Vergrösserung. Ich kann die Mikroskope des Herrn Wappenhans einem Jeden, der sich mit phytotomischen Untersuchungen beschäftigt, aufs Angelegentlichste empfehlen.

Berlin, den 29. März 1853 Dr. G. Walpers

Mikroskop Fr. Wappenhans Berlin No. 88: Dreh- und KreuztischDer Medicinalrath Herrmann Reinhard (Herrmann Reinhard: Das Mikroskop und sein Gebrauch für den Arzt. C. F. Winter'sche Verlagsbuchhandlung, Leipzig und Heidelberg 1857: 5-6) zählt Wappenhans' Werkstatt zu den wichtigsten guter Mikroskope und urteilt über die kleinen Stative der führenden Hersteller wie folgt:

In der Verfertigung der kleinen Mikroskope wird gegenwärtig so Vorzügliches bei verhältnißmäßiger Billigkeit geleistet, dass für bei weitem die meisten Untersuchungen, wie sie der Arzt zu seinen physiologischen, pathologisch-anatomischen und diagnostischen Studien bedarf, die kleinen Mikroskope aus guten Werkstätten ausreichen. Die bewährtesten sind die von Oberhäuser in Paris, Schiek, Bénèche und Wasserlein, Wappenhans, sämmtlich in Berlin, Merz in München u. s. w., deren Preise alle nahezu gleich, zwischen 30 und 40 Thaler betragen.

Herrmann Schacht schreibt als Privatdozent an der Universität Berlin (Herrmann Schacht: Das Mikroskop und seine Anwendung, insbesondere für Pflanzen-Anatomie. Zweite, verbesserte und stark vermehrte Auflage; G. W. F. Müller; Berlin 1855: 16) beschreibt die Mikroskope von Wappenhans wie folgt:

Mikroskop Fr. Wappenhans Berlin No. 88: Detail des TischesWappenhans (Besselstraße 18, Berlin), dessen Mikroskope mit seit einigen Jahren bekannt geworden sind, liefert vortreffliche Gläser, deren Bild besonders scharf aber nicht ganz farbenfrei ist. Nach Verlangen giebt derselbe sowohl das große Stativ nach Oberhäuser, als auch das Stangenstativ nach Schiek. Die kleineren Instrumente (zu 50 Thlr. Pr. Cour.) haben den Tisch nach Norbert (vergl. p. 7) und eine sehr zweckmäßig construirte Einrichtung für schiefe Spiegelstellung. die Vergrößerung dieser Mikroskope geht von 36-700mal. Noch kleinere Instrumente nach dem Vorbilde der kleinen Mikroskope von Oberhäuser kosten 35 Thaler.

In der folgenden Auflage urteilt Schacht (Hermann Schacht: Das Mikroskop und seine Anwendung insbesondere für Pflanzen-Anatomie. 3. vollständig umgearbeitetet Auflage; Verlag von G.W.F. Müller; Berlin 1862: 23) über die Mikroskope aus der Werkstatt von Wappenhans:

Wappenhans (Besselstrasse 18, Berlin), welcher noch das ältere Princip verfolgt, und die Vergrößerung mehr durch das Ocular gewinnt, liefert Instrumente, die in ihren optischen Leistungen den Mikroskopen SCHIEK's am nächsten stehen; die Bilder sind scharf, aber nicht ganz farbenfrei. Indes darf ich mir über die neuesten Instrumente des Optikers kein Urteil erlauben.

Dieses Mikroskop kann im Februar 2009 aus dem österreichischen Raiding für die Sammlung erworben werden - nach Auskunft des Verkäufers wurde das Instrument ursprünglich von dessen Vater in Berlin verwendet. Hier verliert sich jedoch die Spur der Herkunft des Gerätes.

(Vergleiche Referenz 37)



01.10.2005 by Timo Mappes

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