Hensoldt: Protami


Hensoldt Protami # 43207 Hensoldt Protami # 43207 Hensoldt Protami # 43207

Hensoldt Protami # 43207 mit Hülse und Immersionsölfläschchen

Hensoldt Protami, pankratisches Expeditionskleinmikroskop, vernickelte und schrumpflackierte Bronze, lackiertes Messing, polierter Stahl, um 1940. Das Mikroskop ist ausgestattet mit einem für zoomartige Vergrößerung ausziehbaren Tubus mit Huygens-Okular. Der Fokus erfolgt durch einen den Tubus umfassenden Rändelring, welcher auf eine Kugellagerspindel wirkt. Das Instrument verfügt über einen Dreifachobjektivrevolver, der Kondensor in Schiebehülse ist mit einer Irisblende und einlegbarem Blaufilter versehen. Der Plan- und Konkavspiegel wird drehbar gelagert. Interessant scheint auch die Unterbringung des Immersionsölfläschchens: Eine kleine Metallbüchse nimmt es auf, welche ihrerseits verschraubt in die für den optional erwerbaren Kreuztisch vorgesehene Schwalbenschwanzführung unter dem Tisch eingeschoben wird. Jener Tisch kann ferner komplett ausgeschwenkt werden.

Bei den Objektiven handelt es sich um ein mit Vorstecklinse versehenes achromatisches Tami-Objektiv für Vergrößerungen von 40-250 fach. Weiterhin findet sich das Metami-Objektiv als Trockensystem mit halbkugeliger Frontlinse für Vergrößerungen von 340-760 fach, einstellbar gemäß der mit "M" bezeichneten Skala des Tubus. Mit dem Objektiv P als Oel-Immersion von 1/12" mit einer numerischen Apertur von 1,34 können nach Skala "P" Vergrößerungen von 915-1450 fach erzielt werden.

Hensoldt Protami # 43207: SignaturDem Benutzer zugewandt ist das Mikroskop signiert:

Hensoldt Wetzlar
Protami
Vergr. 40-1450
D.R.P. 43207

Auch die Hülse trägt die Seriennummer und das Firmenlogo: Protami Hensoldt Wetzlar 43207. Insgesamt ist dieses Instrument hervorragend erhalten.

Hensoldt Protami # 43207: Signatur auf HülseDas Unternehmen Hensoldt wird 1852 von Moritz Carl Hensoldt gegründet und spezialisiert sich auf den Bau von Mikroskopen, Teleskopen und später Prismenferngläsern. Im Laufe des Ersten Weltkriegs wird die Produktion fast ausschließlich auf militärische Optiken umgestellt. Nach Ende des Krieges wird jedoch die Mikroskopsparte wiederbelebt und man bringt 1920 das sehr kompakte Taschenmikroskop, TAMI, auf den Markt. Dabei greift man die Technik des pankratischen Mikroskops neu auf; bis in die 1860er waren nach diesem Prinzip Präpariermikroskope entstanden.

Trotz seiner geringen Größe besitzt das TAMI hervorragende optische Eigenschaften bei einer 35...225-fachen Vergrößerung. Zielgruppe sind hier sowohl Biologen und Mineralogen als auch Amateur-Mikroskopiker und Schulen.

In der Nachkriegszeit soll dem Schiffsarzt oder dem mobilen Landarzt ein Instrument zur Verfügung gestellt werden, welches ihm ermöglicht beim Besuch seiner Patienten gleich am Krankenbett Blut-, Urin-, Stuhl-, Auswurf- und Bakterienuntersuchungen oder eine Syphilisdiagnose mittels Dunkelfeldbeobachtung von Syphilisspirochaeten vorzunehmen. Außer einer raschen Diagnose bringt dies den Vorteil, dass es nicht nötig ist ,die Proben mit in die Praxis zu nehmen, wo sie in jener Zeit nur zu oft verdorben ankommen. Ferner sind in jenen Jahren Expeditionen ins Innere des Schwarzen Kontinents Afrika, nach Asien und Südamerika sehr populär. Für wissenschaftliche Zwecke benötigt man dazu leistungsfähige Mikroskope, die nur einen minimalen Raum einnehmen dürfen.

Hensoldt Katalog 1933

Abbildung Protami in Hensoldtkatalog von 1926Für diese Anwendungen entwickelt Hensoldt das Tami zur Perfektion weiter: Es entsteht 1923 das Metami (Mediziner-Tami) und schließlich 1925 das Protami . Letzteres mit Objektivrevolver, Irisblende und Kondensor, abnehmbarem Plan- und Konkavspiegel sowie einem Objektiv mit Ölimmersion (N.A. 1,34) - eine stufenlose Vergrößerung von 40...1450 wird damit gewährleistet. Bei der Verwendung des Immersionsobjektives muss bei diesem Instrument auch der Kondensor mit Öl oder Wasser immergiert werden.

Bei allen Modellen werden die Vergrößerungen mit nur einem einzigen Okular erzielt, durch den Tubusauszug reguliert. Daher die Bezeichnung pankratisch (von griech. pan = alles; kratos = Kraft). Ein alles vermögendes, d. h. alle Vergrößerungsstufen bewältigendes Mikroskop.

Sowohl das mit RM 45,- relativ preiswerte Tami findet weltweite Verbreitung, als auch das Protami, trotz seines beachtlichen Preises von RM 230,-. Damit kostet jenes Protami gut das doppelte eines einfachen Mikroskopes regulärer Größe und beläuft sich immerhin noch auf 35% des Preises für ein großes Forschungsmikroskop von Hensoldt (Preise aus Hensoldt-Katalog 1933).

Hensoldt Protami # 43207 von hinten Hensoldt Protami # 43207 mit ausgeklapptem Tisch Hensoldt Protami # 43207 auf Stativ

Im Jahre 1928 kann Zeiss die Mehrheit an der Firma Hensoldt übernehmen - der Firmenname wird jedoch bis heute beibehalten; im Gegensatz zum Unternehmen Rudolf Winkel, welches nach dem Kauf von Zeiss in Winkel-Zeiss umbenannt wird.

Dieses Instrument wird von einem deutschen Soldaten während des zweiten Weltkrieges von November 1939 bis zu seiner Gefangennahme im April 1945 zum privaten Studium der Fauna benutzt und bei allen Einsätzen mitgeführt.

Das Stativ wurde ergänzend erworben.

[Vergleiche: University of Toronto Museum of Scientific Instruments, Zoology: "field microscope" (Seriennummer 3645), Inventory-number: uc9; Museu Instituto de Botânica Faculda de Ciências da Uníversídade do Porto, Portugal: "Microscópio de Campo - Hensoldt", Inventurnummer 2; Referenz "The Hensoldt Tami", Martin Mach, Miscape September 1999; "Das Protami von Hensoldt", Klaus Henkel, µ Heft 18 März 2000; "Das Protami von Hensoldt - Eine Nutzer-Evaluation", Klaus Henkel, Mikrokosmos 89, Heft 5, 2000]

(Mit freundlicher Unterstützung von Klaus Henkel, Martin Mach und Jürgen Boldrin)



16.04.2002 by Timo Mappes

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