Frühes Polarisationsmikroskop von Hartnack aus zaponiertem,
geschwärztem und vernickeltem Vollmessing, gebläutem Stahl, um
1875. Das Mikroskop ist in vielen Merkmalen dem Stativ VIII von Hartnack
sehr ähnlich. Es verfügt über eine Grobeinstellung durch
Schiebehülse und einen Prismenfeintrieb, sowie einen vernicklten
Auszugstubus. Der Konkavspiegel ist in 3 Gelenken gelagert, die Skala des
geschwärzten Drehtisches trägt Reste der Vernickelung.
Der Polarisationsapparat mit Kondensor wird in einer Schiebehülse mit Schwalbenschwanzführung aufgenommen. Bei Bedarf kann das Mikroskop mit einer einfachen Schiebehülse für Lochblenden und dem beigefügten Objektiv Nr. 4 und den Okularen Nr. 3 und Nr. 4 als gewöhnliches Mikroskop verwendet werden. Unter dem Fuß des Hufeisens befindet sich noch das originale Leder zur gegenseitigen Schonung von Instrument und Tischplatte. Auf dem Tubus ist das Mikroskop dekorativ signiert:
E. Hartnack & Co. Diese Art der Signatur wird von Hartnack in Potsdam in der Zeit von 1872 bis 1879 verwendet. In der Veröffentlichung von Harry Rosenbusch im Februar 1876 wird das erste echte petrografische Polarisationsmikroskop vorgestellt, dass R.Fuess in Berlin 1875 konstruiert und mit Optiken von Hartnack ausgestattet hat. Bei jenem Instrument von Fuess handelt es sich um eine Einzelanfertigung, bereits mit einer Einrichtung zur Zentrierung der Objektive. Beim späteren Mineralogischen Stativ IX von Hartnack ist die Zentrierung ebenfalls zu finden.
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Der Aufsatzanalysator trägt eine Goniometerteilung in Inkrementen zu je zehn Grad, der Polarisator Marken bei 0°, 90°, 180°, und 270°. Die Teilung des Tisches ist in Schritten zu 1° vorgenommen. Die im Querschnitt fünfseitigen Prismen für Polarisator und Analysator sind jene, die Hartnack & Prazmowski 1866 erstmals beschreiben und deren Art nach ihnen benannt ist. Es handelt sich dabei um jene Form, die bei einem Kalkspatprisma mit planen Enden das größtmögliche Gesichtsfeld erzielt. Das erste "echte" Mikroskop für petrografische Zwecke wird 1876 von Rudolf Fuess, Berlin S.W. für Prof. Harry Rosenbusch in Straßburg gebaut. In der Veröffentlichung in "Neues Jahrbuch für Mineralogie" 1876 heißt es im Schlußabsatz von Rosenbuschs Artikel, zu eben jenem revolutionären Instrument, mit dem Titel "Ein neues Mikroskop für mineralogische und petrographische Untersuchungen": Gewiss ist es keine geringe Empfehlung dieses Mikroskopes, dass die rein optischen Theile von Herrn HARTNACK geliefert werden. Es sind die Oculare 2, 3 und 4 und die Systeme 4, 7 und 9, so dass man über eine Reihenfolge von 9 Vergrösserungen verfügt, welche zwischen x 90 und x 1150 liegen. Wie bei jenem Instrument nach Rosenbusch erstmals beschrieben, ist an weiterem Zubehör zu dem hier gezeigten Mikroskop auch noch die geschwärzte Messingscheibe erhalten, welche auf den Absatz mit Index für den Aufsatzanalysator gelegt werden kann, um nach Rosenbusch die Zentrierung des Fadenkreuzes der Okulare vornehmen zu können, indem über die Augenlinse des Okulars ein Kalkspatkristall gelegt wird. |
Aus einer privaten Sammlung kann dieses Instrument im März 2003 für die Sammlung erworben werden.
Edmund Hartnack wird am 9. April 1826 zu Templin in der Uckermark geboren und lernt 1842 - 1847 in Berlin das Mechanikerhandwerk bei Wilhelm Hirschmann senior (1777 - 1847), welcher seinerseits mit Schiek und Pistor zusammengearbeitet hat. 1847 kommt Hartnack zu Heinrich Daniel Rühmkorff (1803-1877) nach Paris und geht später zu Oberhäuser. Dieser nimmt ihn 1854 als Teilhaber auf. Hartnack heiratet Johanna Maria Louise Kleinod, die Nichte Oberhäusers und übernimmt das Geschäft 1864, aus welchem sich sein früherer Chef mehr und mehr zurückgezogen hat.
Im Jahr 1864 tritt der aus Polen geflüchtete Professor Adam Prazmowski (1821 1888) dem Unternehmen bei. 1863 war der frühere Assistent der Warschauer Sternwarte und Teilnehmer an diversen Expeditionen zur Beobachtung von Sonnenfinsternissen und zur Gradmessung, aus politischen Gründen nach Paris gegangen. 1878 wird Prazmowski Eigentümer der Pariser Filiale; nach seinem Tode 1885 übernehmen die Meister Bézu & Hausser die Werkstätte und verkaufen diese 1896 schließlich an Alfred Nachet.
Hartnack muss auf Grund des deutsch-französischen Krieges 1870 Frankreich verlassen und wirkt fortan in Potsdam weiter, wo er am 9. Februar 1891 stirbt.
Hartnack
wird bekannt für die hohe Qualität seiner Objektive, u.a. führt
er die Wasserimmersion No. 11 im Jahre 1859 ein und ist damit kurze Zeit
führend im Auflösungsvermögen, mit einer numerischen Apertur
von 1,05. Er hat stets ein offenes Ohr für die mit seinen Mikroskopen
arbeitenden Forscher. Auf der Weltausstellung 1862 in London gewinnt Hartnack
eine Medaille für die allgemeine Qualität seiner Mikroskope von
denen es heißt: "Sie gleichen im Wesentlichen dem Oberhäuserschen
Modell, bei der der Mikroskopkörper auf einer hohlen, zylindrischen
Basis steht, deren Oberseite als Objekttisch fungiert." Die Hartnack'schen
Objektive hält man im London jener Zeit zweifelsohne für die besten
aus nicht-englischer Fertigung. Hartnack verwendet ferner Wasserimmersion
bevor diese Technik auf den britischen Inseln Einzug hält.
Wegen seiner Verdienste um die Medizin durch Bau und Vertrieb seiner Mikroskope wird er 1868 zum Ehrendoktor der medizinischen Fakultät Bonn ernannt; die preußische Regierung verleiht ihm 1882 den Professorentitel. In eben diesem Jahr bestätigt Prof. Fritsch: "Hartnack scheint mit seinen homogenen Imm.-Systemen Zeiss überflügelt zu haben. Hartnacks Bakterienmikroskop ist in ärztlichen Kreisen weit verbreitet und hoch anerkannt." |
[Vergleiche Referenz 1, 2, 25, 39, 47, 56, 84, 85, 87]
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